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Rechtsanwalt Lothar Hermes

Pflicht eines AZV zur Vorlage von belastbaren Rechnungen
  Kommunal und Kommunalabgabenrecht
26.07.2010


I. Sachverhalt


3 Grundstückseigentümer waren mit ihren Berufungen gegen Abwasserbeitragsbescheide des AZV Klosterwasser (beklagter Zweckverband) vor dem OVG Bautzen erfolgreich.


Hauptgrund hierfür waren unterschiedliche Kostenansätze für Pumpschächte (Anlagenteile bei Druckentwässerungsleitungen) in der Kostenvergleichsrechnung (7.500,00 DM) einerseits und der Globalberechnung (8.700,00 EUR) andererseits. Das OVG Bautzen hatte den beklagten Zweckverband mehrfach aufgefordert, die tatsächlich angefallenen Kosten für diese Anlagenteile den Jahren 2001 und 2002 durch Vorlage von Angeboten und Rechnungen nachzuweisen. Dem kam der beklagte Zweckverband nicht nach, sondern legte stattdessen umfangreiches Zahlenmaterial vor, das unterschiedliche Kosten für derartige Anlagenteile belegen sollte. Unterlagen über die tatsächlich angefallenen Kosten wurden jedoch nicht vorgelegt. Weil somit die Vereinbarkeit der Globalberechnung mit dem in § 18 Abs. 2 SächsGKAG festgelegten Kostenüberschreitungsverbot nicht überprüfbar gewesen sei, hat das OVG den Klagen der Beitragspflichtigen stattgegeben.


 


Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde von dem Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 25.06.2010 zurückgewiesen.


 


II. Die Entscheidung


Nach Auffassung des BVerwG vermindert sich die einem Tatsachengericht obliegende Pflicht, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln dann, wenn die Beteiligten ihre Mitwirkungspflichten verletzen. Vorliegend hatte das Gericht in einer Aufklärungsverfügung dem Beklagten deutlich gemacht, dass er eine Auflistung bestimmter Kosten einzureichen habe und insbesondere diejenigen Beträge nachzuweisen habe, die er Ende 2001/Anfang 2002 für tatsächlich durchgeführte Arbeiten gezahlt habe. Das OVG sei berechtigt gewesen, diese Unterlagen zu verlangen, da der Klägervertreter in seinen Schriftsätzen substantiiert Unstimmigkeiten und erhebliche Differenzen zwischen den der Globalberechnung zu Grunde liegenden Kostenkalkulationen aufgezeigt habe.


Mit dem stattdessen eingereichten Rechenwerk zur Ermittlung durchschnittlicher Einheitspreise habe der Beklagte selbst eingeräumt, dass die von ihm vorgelegten Unterlagen nicht diejenigen gewesen seien, die das Gericht verlangt habe.


Die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Prüfung der von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen sei nicht notwendig gewesen. Der Beklagte habe zunächst einmal diejenigen Unterlagen vorzulegen, die das Gericht anfordert. Erst wenn diese aufgrund ihrer Komplexität durch einen Sachverständigen zu bewerten seien, müsse ggf. ein Sachverständiger durch das Gericht eingeschalten werden.


Das BVerwG führt wörtlich aus:


„Es ist dagegen nicht Sache des zur Mitwirkung aufgeforderten Prozessbeteiligten, angeforderte Unterlagen deshalb nicht vorzulegen, weil sie seiner Einschätzung nach für die weitere Sachaufklärung nicht geeignet sind.“


 


Den eingereichten Unterlagen sei nicht zu entnehmen gewesen, „welcher Anbieter zu welchen Konditionen“ tatsächlich beauftragt wurde und die Aufträge erbracht hat“. Hierauf aber sei es dem OVG (zu Recht) angekommen.


 


III. Die Bedeutung der Entscheidung


Die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Obliegenheiten der Prozessparteien beinhalten an sich nichts Neues. Wer bestimmte, für ihn günstige Umstände nicht vorbringt oder bestimmte Tatsachen trotz Aufforderung des Gerichts nicht belegt, muss damit rechnen, den Prozess zu verlieren, wenn es eben auf diese Umstände bzw. die Beweisbarkeit der Tatsachen ankommt. Einige Aufgabenträger sind jedoch nur sehr zögerlich bereit, die zur Überprüfung der angefallenen Kosten erforderlichen Unterlagen vorzulegen, weil die Untersuchungspflicht des Gerichts nicht so weit reicht. Bei beitrags- und gebührenfinanzierten öffentlichen Einrichtungen muss es dem Bürger aber möglich sein, die maßgeblichen Rechenwerke des Auftraggebers mehr oder weniger lückenlos nachzuvollziehen, da er ansonsten die Frage, ob das Kostenüberschreitungsverbot oder aber die Verhältnismäßigkeit der Abgabenerhebung überhaupt noch gewahrt sind, nicht mehr gerichtlich Überprüfen lassen kann.


Originalrechnungen nach einem bestimmten Zeitraum vorzulegen, erfordert in der Regel keinen erheblichen Aufwand.


 


Anmerkung:


Der vorliegende Zweckverband hat inzwischen neue Beitragsbescheide erlassen. Die zu Grunde liegenden Globalberechnungen ermöglichen in noch viel geringerem Maße die Überprüfung der Angemessenheit der Beitragserhebung. Daher ist anzunehmen, dass der Rechtsstreit in eine neue Runde geht.


 


 


Dresden, den 26.07.2010


 


 


Rechtsanwalt Lothar Hermes


Fachanwalt für Verwaltungsrecht


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